Ausstellung 20. März 2022 - 22. Mai 2022
Mit der Ausstellung "Wie Gras" ist Prof. Hubert Sowa (* Bamberg, 30.3.1954 ) mit kleinformatigen Ölgemälden und grafischen Blättern zu Motiven aus der Natur - genauer der Pflanzenwelt - zu Gast bei Felix Müller. Sein Selbstbildnis von 1976, das seine Bilderreihe in der Ausstellung einleitet, orientiert sich an Porträts des Frühromantikers Philipp Otto Runge (1777-1810).
Hubert Sowa, der bis zu seiner Emeritierung im Februar 2020 eine Professur für Kunst und ihre Didaktik an der Pädagogischen Hochschule Ludwigsburg innehatte, bezeichnete sich selbst 1973 in einem übergroßen, jugendlichen Selbstporträt als "Hingucker". Schon als Kunststudent, in den 1970er Jahren, erreichte Sowa in seinen landschaftlichen Bleistiftzeichnungen eine Meisterschaft, welche die Auseinandersetzung mit dem Vorbild Albrecht Dürer (1471-1528), aber auch mit chinesischer Kunst (Tuschezeichnungen) widerspiegelt. Präzise, wie gestochen gezeichnete Naturausschnitte schweben dabei wie überwirkliche Inseln im sonst freien, gestaltlosen Blattraum.
In seinen "Orakel"-Zeichnungen und dem Hölderlin-Zyklus reduziert Hubert Sowa die Darstellung auf einzelne Gräser, deren Schlagschatten einen trompe l'oeil Effekt bewirken. Der Hölderlin-Zyklus von 1978 schildert in sieben Bildern die Entwicklung vom freien, ungebundenen Wachstum eines Grashalmes über die harmonische Spannung gezügelter, kultivierter Natur, bis zum Überspannen und Brechen dieses Bogens und schließlich das Zerfallen in Einzelteile.
Eine Auswahl zwanzig neuerer Arbeiten stammt aus der Serie "Aus dem Dickicht". Über ein Jahr, Ende 2020 bis Ende 2021, dokumentierte Hubert Sowa Woche für Woche seine unterwegs auf seinen "Corona-Wanderungen" gefundenen Eindrücke im Kontrast. In der Tradition von Dürers großem Wiesenstück sind es zum einen detailreiche, realistische Naturstücke - nahsichtig, oft aus Bodennähe wahrgenommene komplexe Ausschnitte pflanzlichen Lebensraumes, mit feinen Pinseln im Atelier gemalt nach Fotografien. Sie spiegeln Dichtigkeit und Fülle, die Verbunden-, ja Verflochtenheit des Lebens und auch die seelische Befindlichkeit des "Im-Dickicht-seins".
Auf der anderen Seite sind es Blumen und Pflanzen, die, mitgebracht von den Wanderungen, in Vereinzelung auf dem Blatt arrangiert gemalt wurden. Sie sind quasi aus ihrem Lebenszusammenhang gerissen und wirken wie ein emotional künstlerischer Reflex der im Lockdown erfahrenen sozialen Trennung. Die Frühlings- und Sommerblumen sind dabei in einer farbigen Schönheit gemalt, die an Zeichnungen der Naturforscherin und Malerin Maria Sybilla Merian (1647-1717) erinnern.
Im Kontrast dazu stehen einige Blumenstücke Felix Müllers aus der Zeit der 1930er, 1950 und den 1970er Jahren, die dessen Herkunft aus dem Expressionismus widerspiegeln.
Zwei Zeichnungen Müllers über die Vergänglichkeit des Lebens, deuten im allegorischen Sinne auf den Ausstellungstitel, "Wie Gras". Ihm stand das Memento mori des Psalms 103, 15-16 Pate: "Ein Mensch ist in seinem Leben wie Gras, er blüht wie eine Blume auf dem Felde; wenn der Wind darüber geht, so ist sie nimmer da, und ihre Stätte kennet sie nicht mehr ". Nicht von unscheinbar blühendem Gras ist hier die Rede. In das Bedauern über die Kürze des menschlichen Lebens mischt sich dessen Auszeichnung als besondere Zierde des Feldes. Nicht umsonst wird Psalm 103 auch "Das Hohelied der Barmherzigkeit Gottes" genannt. So lässt sich die Erinnerung an unsere Vergänglichkeit auch als Hinweis nehmen, unsere Tage und einzigartigen, wertvollen Qualitäten zu nutzen: Carpe diem! Nutze den Tag - und liebe die Blume!
Die Ausstellung ist geöffnet sonntags 15 – 17 Uhr und montags (ausgenommen feiertags) 10 – 14 Uhr.
Führungen finden auf Nachfrage statt: Tel.: 09134 / 908042 oder 09561 / 4274359 oder per Mail: regina.urban@neunkirchen-am-brand.de
(Fotos: Harry Roth)